Als Kalender ist auch der Adventskalender ein Zeitmessinstrument. Er macht uns deutlich, dass die Zeit abläuft und Weihnachten naht. Auch der Zeiger unserer Lebensuhr rückt jeden Tag ein Stück weiter.

Das Christentum hat die Einstellung zu unserer Endlichkeit revolutioniert. Während in der Antike galt: Du lebst jetzt und in der Zukunft, am Ende Deines Lebens, erwartet Dich nur ein Schattendasein im Totenreich, ein Nichtleben, hat das Christentum diese Einstellung adventlich umgekehrt: das eigentliche Leben kommt erst noch bei dir an. Die Fülle des Lebens erwartet Dich noch, weil ER einmal am Ende deines Lebens ganz bei dir ankommen wird.

Diese Sicht hat man bisweilen als Vertröstung diffamiert. Ich finde sie sehr tröstlich, denn wäre dieses Leben, so schön es auch sein mag, nicht recht trostlos, wenn es einmal endet, ohne unseren Lebenshunger gestillt zu haben? Und der ist doch immer größer als alles, was uns diese Erde zu geben vermag.

So wird aus dem Stress „Meine Zeit läuft ab“ frohe Erwartung, Hoffnung und eine Haltung der Wachsamkeit.

Im Advent kann man diese neue Hermeneutik einüben, indem man sich darüber freut, dass uns jeder Tag unserer vollen Gemeinschaft mit Christus näher bringt, dass unser Dasein nicht verschwindet, sondern vollendet wird, dass wir auf dem Weg ins Licht und nicht ins Dunkel sind, dass am Ende des Lebens die offenen Arme des Krippenkindes auf uns warten – ewiges Weihnachten.

Schauen Sie einmal positiv auf Ihr eigenes Älterwerden, nicht zurück, sondern nach vorne. Schauen Sie mit anderen Augen auf Alte und Sterbende und auch auf die Bedrohungen, die diese Zeit der Pandemiemit sich bringt. Lassen Sie diese Sicht jeden Morgen beim Aufstehen in sich aufsteigen, damit sie Ihren Tag prägt.

Wenn Sie möchten, können Sie dieses alte bekannte Lied beten

O komm, o komm, Immanuel, nach dir sehnt sich dein Israel!

In Sünd und Elend weinen wirund flehn, und flehn hinauf zu dir.

Freu dich, freu dich, o Israel, bald kommt, bald kommt Immanuel!

O komm, du wahres Licht der Welt, das unsre Finsternis erhellt!

Geh auf, o Sonn, mit deiner Pracht, vertreib den Nebel und die Nacht.

Freu dich, freu dich, o Israel, bald kommt, bald kommt Immanuel!

 

O komm, Erlöser, Gottes Sohn, und bring uns Gnad von seinem Thron!

Mit Davids Schlüssel niedersteig, schließ auf, schließ auf das Himmelreich!

Freu dich, freu dich, o Israel, bald kommt, bald kommt Immanuel!